SISTAC - boot camp
SISTAC - schlaue Studenten und soziale Start-ups bilden in Afrika südlich der Sahara ein Team
Die Social Impact Start-up Academy (SISTAC) der Bayer Foundation hat vergangene Woche ihr Aktionslernprogramm mit einem dreitägigen sozialen Innovations-Boot-Camp gestartet. Die 18 teilnehmenden Master-Studenten aus Deutschland konnten dabei fünf inspirierende und innovative Start-ups im Subsahara-Afrika kennenlernen.
Das Aktionslernprogramm ist ein fester Bestandteil des Master-Studiengangs „Betriebswirtschaftslehre Entrepreneurship und Innovation“ an der WFI – Ingolstadt School of Management. Im kommenden Semester werden die Master-Studenten die Möglichkeit haben, soziale Herausforderungen im wirklichen Leben zu lösen, während Start-ups im Afrika südlich der Sahara von wichtigem Wirtschaftswissen profitieren, mit dem sie die Wirkung ihrer sozialen Projekte verstärken können.
„Von Ihnen wird erwartet, dass sie die Geschäftsmodelle der Start-ups anhand des Business Model Canvas und des Modells von Christensen zu bahnbrechender Innovation bewerten und Verbesserungsspielraum identifizieren“, erläutert Prof. Dr. André Habish den Studenten im Boot Camp.
Das Aktionslernprogramm basiert auf Bayers Innovationsagenda, die darauf abzielt, eine unternehmerische Bewegung unter den Mitarbeitern zu fördern, damit sie an Innovationsprogrammen mitarbeiten und sich mit Tausenden Innovationsexperten und -begeisterten überall bei Bayer vernetzen. Während des Boot Camps zeigen Dr. Ouelid Ouyeder und Dr. Peng Zhong Beispiele dafür auf, wie unternehmerisch denkende Mitarbeiter immer neue Experimente durchführen, um ihre Annahmen zum Kundenverhalten zu verifizieren.
Zwei Beispiele umfassen Pilotprojekte, bei denen Teams die Bereitschaft von Kleinbauern untersucht haben, ein bestimmtes Feature der digitalen Beratungsplattform zu nutzen, und ermittelt haben, ab welchem Preis die Landwirte eine Drohne zum Aufbringen von Pflanzenschutzmitteln vorbestellen würden. In einem weiteren Schritt beschreibt Dr. Peng Zhong in ihrer Präsentation die Pläne der Bayer Foundation, das Know-how zu geschäftlichen Innovationen auf soziale Innovationen zu übertragen, um integrative Geschäftsmodelle zu entwickeln. „Die Zusammenarbeit mit Pula und der Mercy Corp führte beispielsweise zu einem neuen Geschäftsmodell für ein Versicherungsprodukt, dass Kleinbauern in Malawi ohne zusätzliche Kosten für den Landwirt gegen Dürren absichert“, erläutert sie.
Sowohl die Studenten als auch der Professor hören gespannt zu, welche Ideen in erfolgreiche Geschäftsmodelle überführt wurden. „Vor allem die Beispiele zum kollektiven Lernen durch professionelle Testmethoden und kritische Hinterfragung im afrikanischen Kontext passte so gut zu unserem Programm, dass es großen Spaß machte, den Ausführungen zu lauschen. Wir haben das noch nie so greifbar und illustrativ geschildert bekommen – dadurch wurde vollkommen klar, was wir von unseren Studenten erwarten!“, kommentiert André Habisch nach der Präsentation.
Sanku
Am ersten Tag des Boot Camps werden alle 18 Studenten in fünf Gruppen einem der fünf Start-ups zugeteilt. Die 24-jährige Master-Studentin Jessica Wurms kommt zum Sozialunternehmen Sanku.
„Es handelt sich hier um ein Lernprogramm, das nicht verpflichtend ist, aber ich wollte unbedingt daran teilnehmen. Die Idee, etwas Praktisches und zugleich Wirkungsvolles zu tun, gefiel mir“, erklärt Jessica.
Am zweiten Tag stellen die Sozialunternehmen ihre Geschäftsideen vor, und die Studenten stellen klärende Fragen, um potenzielle Lücken im Geschäftsmodell aufzudecken. Basierend auf den Gesprächen beginnen die Studenten das Business Model Canvas auszufüllen.
Business Model Canvas
„Sanku stellt im Wesentlichen kleinen Müllereibetrieben in fünf Ländern Ost- und Südafrikas Dosiermaschinen zur Verfügung,“ erläutert Leah Kidd, Director of Communications and Development bei Sanku, den Studenten. „Die Dosiermaschine fügt dem Mehl während des Mahlprozesses eine präzise Menge an wichtigen Nährstoffen zu und hat so das Potenzial, der Unterversorgung mit Mikronährstoffen durch integrative Nährstoffanreicherung ein Ende zu setzen. Die Bayer Foundation unterstützt uns finanziell bei unserer Mission, bis 2025 100 Millionen Menschen in zehn Ländern Afrikas tagtäglich mit ausreichend Mikronährstoffen zu versorgen“, fügt sie hinzu.
„Erzielt Sanku bereits Gewinne?“, will Flo, einer der vier Studenten, die Sanku zugeteilt wurden, wissen. „Nein, noch nicht, aber ein profitables Sozialunternehmen zu werden, ist unser mittelfristiges Ziel“, antwortet Leah Kidd und berichtet begeistert von den finanziellen Aussichten für Sankus Geschäftsmodell.
„Als ich das Geschäftsmodell von Sanku verstanden habe, hat mir das die Augen für die Probleme geöffnet, die so weit entfernt von meiner eigenen Wirklichkeit sind“, sagt Studentin Jessica nach der Runde. „Viele Menschen in Tansania und den umliegenden Ländern leiden unter Mangelernährung. Doch durch clevere Technologien wie den Dosierer können wir Abhilfe schaffen.“
Die Catalyst Box
Während des Boot Camps erhält jedes Studententeam seine sogenannte Catalyst Box, ein Innovationskit, das bei Bayer zum Einsatz kommt. Es beinhaltet Lernmaterialien, Online-Schulungen und ein Experimentierungsbudget, das während es 12-wöchigen Programms genutzt werden kann. Zusätzlich zu den Lernmaterialien wird jede Gruppe einem erfahrenden Bayer-Experten zugeteilt, der die Studenten einmal wöchentlich berät. Doch nicht nur das Wissen der Studenten wird ausgebaut. Das Experimentierungsbudget von 1.500 Euro erlaubt es den Teilnehmern, verschiedene Geschäftsmodelle auszuprobieren und ihre Geschäftsideen weiterzuentwickeln.
„In den kommenden Wochen wird unsere Studentengruppe gemeinsam mit unserem Bayer-Experten Ideen dazu entwickeln, wie das Geschäftsmodell von Sanku weiter verbessert werden, oder sogar, wie man das Unternehmen bei der Expansion unterstützen kann“, erklärt Jessica begeistert.
Veggie Victory
Ein weiteres Sozialunternehmen ist Veggie Victory, Nigerias erstes veganes Lebensmittelunternehmen mit der Vision, die führende Marke für gesündere, nachhaltige und erschwingliche pflanzenbasierte Produkte in Afrika zu werden. Hakeem Jimo, veganer Unternehmer und Gründer von Veggie Victory, erläutert seiner Studentengruppe das Geschäftskonzept.
„Wir möchten den Nigerianern eine gesündere und gleichzeitig schmackhafte Alternative zu Fleisch bieten. Mehr Vielfalt und Auswahl über Fleischprodukte hinaus werden sich erheblich auf die Gesundheit auswirken und auch dabei helfen, Herausforderungen in puncto Lebensmittelsicherheit, Umwelt und Sozioökonomie zu meistern“, weiß Hakeem Jimo. „Das hat starke wirtschaftlich-soziale Auswirkungen. Die Lebensmittel sollten günstiger als normales Fleisch sein, denn dies ist für die Nigerianer, eine der am schnellsten wachsenden Bevölkerungsgruppen weltweit, ein wichtiger Faktor“, fügt er hinzu.
Am letzten Tag des Boot Camps fragt Prof. Dr. André Habisch die Studenten nach ihren Eindrücken von den Start-ups. „Es ist beeindruckend zu sehen, dass Veggie Victory bereits eine richtige Community hinter seiner Marke aufgebaut hat“, bemerkt Frank, einer der drei Studenten, die das nigerianische Unternehmen in den nächsten Monaten unterstützen werden. „In der Tat! Sie haben interessante Ideen zum Ausbau ihres Geschäfts, beispielsweise indem sie Schulkantinen mit ihren gesunden Lebensmitteln versorgen“, fügt Hauke hinzu.
Die Studenten können es kaum abwarten, die Sozialunternehmen besser kennenzulernen und sich solides Wissen über reale Herausforderungen und bahnbrechende Lösungen anzueignen. „Durch dieses Programm erhalten die Studenten die Chance, einen tatsächlichen Mehrwert für global herausragende soziale Innovationen zu schaffen, die eine große Zukunft vor sich haben“, betont Prof. Dr. André Habisch.
Über SISTAC
SISTAC wurde gemeinsam von der Bayer Foundation und Prof. Dr. André Habisch, der an der Ingolstadt School of Management das Programm unterrichtet, entwickelt. Sie wurde 2018 gestartet und wird hauptsächlich über die Bayer Foundation finanziert. Das Programm findet alle zwei Jahre statt und unterstützt die Nachhaltigkeitsbemühungen von Bayer, die zur Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele 2 (kein Hunger) und 3 (Gesundheit und Wohlbefinden) beitragen.
Die SISTAC-Methode basiert auf dem Buch „The Prosperity Paradox“ von Clayton Christensen, das einen neuen Rahmen für wirtschaftliches Wachstum auf Grundlage von Unternehmertum und marktschaffender Innovation aufstellt.
Langfristiges Ziel ist es, SISTAC in der Betriebswirtschaftslehre im globalen Süden zu verankern, um einen systematischen Gesinnungswandel zu bewirken und zukünftige Führungskräfte dazu zu bringen, das Potenzial für wirtschaftliche und soziale Veränderungen, das von innovativen Unternehmern vor Ort ausgeht, zu erkennen.
Bildnachweis: Christien van den Brink